Prof. Dr. Michael Hummel während der Eröffnung des 10. Nationalen Biobanken-Symposiums.

Vernetzung für Nachhaltigkeit von Biobanken entscheidend

Biobanken sind ein fundamentaler Bestandteil der medizinischen Forschung. Sie sammeln, verarbeiten und lagern Bioproben wie Blut oder Gewebe und stellen diese zusammen mit relevanten Daten für Forschungsprojekte zur Verfügung. „Modernes Biobanking steht für Interdisziplinarität, professionelles Probenhandling und vernetzte Interoperabilität. Hierbei spielt die standardisierte Zusammenarbeit von Biobanken untereinander als auch die Kooperation mit vernetzten multizentrischen Forschungsinitiativen eine zentrale Rolle“, begrüßte PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf, Tagungspräsident des 10. Nationalen Biobanken-Symposiums, die rund 300 Teilnehmenden in Berlin. Unter dem Motto „Nachhaltige Verankerung von Biobanken als Forschungsinfrastruktur“ tauschten sich vom 1. bis 2. Juni 2022 Expert*innen über die neuesten Entwicklungen im Biobanking aus. Das Symposium wurde gemeinsam von der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF e.V.) und dem German Biobank Node (GBN) organisiert.
 
Biobanken haben sich in den letzten zehn Jahren zu leistungsfähigen Infrastrukturen für die medizinische Forschung entwickelt – nicht zuletzt aufgrund der innovativen Förderpolitik des Bundes und der Fördermittelgeber, die die Bedeutung des Biobankings für eine exzellente, reproduzierbare Forschung frühzeitig erkannt hat. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat in den vergangenen Jahren stark in die Vernetzung von Biobanken investiert – die inzwischen 37 Standorte umfassende German Biobank Alliance (GBA) feierte kürzlich ihr fünfjähriges Bestehen. „Das Biobanking stellt zentrale Infrastrukturen insbesondere für die Zusammenarbeit in großen Forschungsnetzwerken zur Verfügung und bietet so enorme Chancen für die Gesundheitsforschung“, so Kiehntopf.

Biobanken im Netzwerk großer Forschungsinitiativen

Die Vorteile eines effektiven Biobankings traten in der COVID-19-Pandemie besonders deutlich zutage. So wurden im Nationalen Pandemie Kohorten Netz (NAPKON) des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM) im Rahmen von drei Kohortenstudien rund 420.000 Bioproben von über 5.000 Patient*innen gewonnen, mit deren Hilfe nun die Langzeitfolgen von COVID-19 systematisch analysiert werden.

In der Medizininformatik-Initiative (MII) sollen zukünftig Bioproben und Patientendaten aus der Routineversorgung gemeinsam für die Forschung nutzbar gemacht werden. Dafür werden Biobanken und Datenintegrationszentren der universitätsmedizinischen Standorte in Deutschland auf technischer und regulatorischer Ebene verbunden. Im Mai 2021 ist dazu das Projekt „Aligning Biobanking and DIC efficiently“ (ABIDE_MI) gestartet, an dem 24 Standorte der Universitätsmedizin, die Koordinationsstelle der MII und der GBN beteiligt sind. „Für die Zukunft streben wir an, dass Forschende in den Kliniken einen einzigen Anlaufpunkt in Form eines Abfrage- und Analyseportals haben, das Patientenkohorten und entsprechende Bioproben identifiziert, die für ein bestimmtes Forschungsprojekt geeignet sind, und bei dem sie die Nutzung der Daten und Proben beantragen können”, erläuterte Sebastian C. Semler, TMF-Geschäftsführer und Leiter der MII-Koordinationsstelle.

Für Qualität in der biomedizinischen Forschung

Förderorganisationen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wissen um die Bedeutung der Biobanken für die Qualität von biomedizinischen Forschungsprojekten und engagieren sich deshalb für ein nachhaltigeres Biobanking. „Für aussagekräftige Forschungsergebnisse in der Medizin und Biomedizin ist qualitätsgesichertes Biobanking eine wichtige Voraussetzung. Die Ständige Senatskommission für Grundsatzfragen in der Klinischen Forschung hat 2021 einen Leitfaden für Antragstellende und Gutachtende veröffentlicht, der neben anderen qualitätsfördernden Maßnahmen auch diesen Aspekt berücksichtigt”, sagte Dr. Katja Hartig, Programmdirektorin der Gruppe „Lebenswissenschaften 3: Medizin“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). „Zusätzlich bemühen wir uns bei der Beratung von Antragstellenden und somit in den Planungsphasen von Projekten darauf hinzuwirken, dass bereits existierende professionelle Biobanken genutzt werden und projektspezifische Kosten beantragt werden.“

Verknüpfung der Initiativen erzeugt Nachhaltigkeit

Für eine noch engere Verknüpfung von bestehenden Forschungsinitiativen und -strukturen sprach sich Prof. Dr. Christopher Baum, Vorsitzender des BIH Direktoriums und Vorstand für Translationsforschung der Charité – Universitätsmedizin Berlin, aus. „Für eine höhere Forschungsqualität, eine verbesserte Forschungseffizienz und einen messbaren Nutzen für Patient*innen brauchen wir eine stärkere Vernetzung. Wir benötigen einen Masterplan der Zuständigkeiten, um eine nachhaltige Verbindung zwischen der Welt der Bioproben, der Medizininformatik-Initiative und den weiteren relevanten nationalen und internationalen Infrastrukturen zu schaffen“, unterstrich Baum auf dem Biobanken-Symposium.

In diesem Sinne wünscht sich GBN-Leiter Prof. Dr. Michael Hummel „eine koordinierte Vernetzung, Standardisierung, Harmonisierung und Weiterentwicklung der bestehenden Infrastrukturen. Auf diese Weise könnten sich auch die Potenziale des GBN und der Biobanken-Allianz noch stärker entfalten, die Verknüpfung mit Patientendaten erreicht und eine langfristige Nutzung von Proben gesichert werden.“

Bedeutung europäischer Vernetzung nimmt zu

Auf europäischer Ebene vernetzen sich Biobanken schon seit 2013 im europäischen Netzwerk BBMRI-ERIC. Rund 700 Biobanken aus 23 europäischen Mitgliedsstaaten und die World Health Organisation (WHO) sind über das BBMRI-Portal miteinander verbunden und ermöglichen den pan-europäischen Austausch von Bioproben und Daten, um medizinische Forschung zu stärken. „Deutschland hat von Anfang an BBMRI-ERIC intensiv unterstützt und aktiv mitgestaltet. Innerhalb dieser Vernetzung nehmen GBN, GBA und TMF eine Vorreiterrolle auf europäischer Ebene ein“, betonte Prof. Dr. Jens Habermann, Generaldirektor BBMRI-ERIC. Dieses Engagement in der europäischen Infrastrukturbildung wird zukünftig mit Blick auf den von der EU-Kommission geplanten europäischen Gesundheitsdatenraum zur Nutzbarmachung von medizinischen Daten für die Forschung noch wichtiger.  

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