Foto: Daniel Rosik

Interview mit Olli Kallioniemi, Direktor des SciLifeLab

Als Keynote-Speaker der Europe Biobank Week 2019 berichtete Olli Kallioniemi über Forschungserfolge, die er insbesondere mithilfe des „multilayer profiling“ erzielen konnte. Kallioniemi ist Direktor des Science for Life Laboratory (SciLifeLab), einer nationalen Infrastruktur für Biowissenschaften in Schweden, und Professor für Molekulare Präzisionsmedizin am Karolinska Institutet. Zuvor leitete er das FIMM-Institut für molekulare Medizin Finnland an der Universität Helsinki. Kallioniemis Forschungsgruppe befasst sich mit individualisierter Systemmedizin, mit einem Schwerpunkt auf der Verbesserung von Diagnose sowie Therapie von Leukämie, Prostata- und Eierstockkrebs. Im Interview mit GBN spricht Olli Kallioniemi über die Herausforderungen für Biobanken, avancierten Forschungsmethoden gerecht zu werden.

Die biomedizinische Forschung hängt vom Biobanking stark ab. Welche Chancen und Grenzen ergeben sich daraus für die heutige Forschung?

Olli Kallioniemi: Mehrere Aspekte hängen mit dieser Frage zusammen: Zum einen sind Aufbau und Unterhalt des professionellen Biobankings teuer, eine nachhaltige Finanzierung ist oftmals schwierig. Zum anderen müssen Wissenschaftler über viel Bildung und Erfahrung, Zeit und Geld verfügen, um ethische, rechtliche und andere administrative Klippen zu bewältigen. Spannende Entdeckungen bilden sicherlich einen großen Anreiz, aber Wissenschaftler sind oft nicht geduldig genug und gleiches trifft auch auf Fördermittelgeber zu. Es bedarf also großer Anstrengungen, um ein nachhaltiges, weit verbreitetes Biobanking und Datenmanagement in Gang zu bringen.

Im SciLifeLab beschäftigen Sie sich mit neuesten Forschungsmethoden. Können Sie uns ein Beispiel dafür geben, wie sich das Biobanking Ihrer Meinung nach entsprechend weiterentwickeln sollte?

Kallioniemi: Ein Beispiel für die jüngsten Fortschritte sind sogenannte Single-cell-Technologien, bei denen oft frische oder lebende Zellen aus Gewebe und Blut isoliert und daraufhin gelagert werden. Es ist deutlich schwieriger, dies auf systematische Weise zu tun als dies zum Beispiel bei der Isolierung von DNA aus Zellen und Gewebe oder der bei der Lagerung von Plasmaproben der Fall ist. Auch wenn wir das Mikrobiom eines beliebigen Organs betrachten, könnte dies in Zukunft eine mikrobielle Untersuchung einzelner Zellen erfordern.

Wie viel können einzelne Biobanken dazu beitragen und welche Rolle spielen dafür Infrastrukturen bzw. Biobanknetzwerke?

Kallioniemi: Ich denke, dass wir zum einen sehr spezialisierte Biobanken brauchen, die sich auf neue Entwicklungen und Möglichkeiten konzentrieren, und dass sich zum anderen groß angelegte Biobanken weiter etablieren müssen. Das ist auch deshalb notwendig, um Herausforderungen wie zum Beispiel die Qualitätskontrolle während der Präanalytik, Isolierung, Lagerung und des Transports zu bewältigen.

Die Entwicklung von Forschungsmethoden ist faszinierend. Im Moment beschäftigen wir uns als Biobank-Netzwerk jedoch noch mit einigen grundlegenden Fragen: Wie können wir Ihrer Meinung nach verhindern, dass Forscher ihre eigenen Gefrierschränke aufstellen und stattdessen mit qualitätsgesichert arbeitenden Biobanken kooperieren?

Kallioniemi: Wir werden die Forscher wahrscheinlich nie daran hindern können, Dinge zu tun, die sie tun wollen. Aber wir können Anreize schaffen, damit sie Biobanken nutzen. Sie beispielsweise dabei unterstützen, die bereits erwähnten administrativen Klippen zu nehmen. Allgemein müssen Biobanken attraktiver werden, up-to-date und bezahlbar. Ich weiß sehr wohl, dass sich dies leicht sagen lässt, aber die Umsetzung in der Praxis sehr viel schwieriger ist.

Wie kann es in Zukunft besser gelingen, Biobanken und Infrastrukturen wie das SciLifeLab zu verbinden? Wie wird das in Schweden und Finnland gehandhabt?

Kallioniemi: Meiner Meinung nach brauchen wir intensive, Infrastruktur-übergreifende Kooperationen, damit Biobanken auf neue Technologien eingestellt sind und neue Technologien auf in Biobanken aufbewahrte Proben angewendet werden können. Ich bin nicht sicher, ob es ein ideales Modell dafür gibt, aber es gab bereits durch die EU finanzierte Bemühungen, die europäischen ESFRI-Infrastrukturen im Bereich der Biowissenschaften sowie ähnliche nationale Initiativen zu verbinden. Vielleicht sollte man sich jedoch spezifisch mit der Frage befassen, wie man Biobanken und neue Technologien gemeinsam entwickeln könnte und künftige Herausforderungen angeht.

 

Das Interview führte Verena Huth.

Zur Website des SciLifeLab.

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