Mit einem klaren politischen Akzent stand das 13. Nationale Biobanken-Symposium am 22. und 23. September 2025 in Berlin ganz im Zeichen der Zukunft des Biobankings und einer geplanten „Biobank-Plattform für Deutschland“. Unter dem Motto „Biobanking als gemeinsame Aufgabe“ kamen über 200 Expert:innen aus Biobanken, Forschung, Klinik und Industrie zusammen, um über Strategien, Synergien und Standards zu diskutieren.
Eröffnung und politische Rahmenbedingungen
Bereits bei der Eröffnung durch Matthias Hauer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR), wurde deutlich, dass Biobanken politisch zunehmend als Schlüsselinfrastruktur für die biomedizinische Forschung verstanden werden. Seit 2010 hat das Ministerium mit rund 40 Millionen Euro den Aufbau leistungsstarker Biobanken gefördert – Grundlage für das heutige German Biobank Network (GBN). Hauer betonte: „Deutschland hat mit dem GBN eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte geschrieben. Nationale Aktivitäten wurden gebündelt, dezentrale Strukturen zu einer standortübergreifenden Plattform verbunden. So nutzen wir Gesundheitsdaten und Bioproben nachhaltig.“ Mit dem Koalitionsvertrag habe das Thema Biobanken nun eine neue politische Priorität. Im Rahmen des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM) solle der Weg zu einer nationalen Biobank-Plattform bereitet werden.
Tagungspräsidentin Dr. Heidi Altmann (BioBank Dresden) ergänzte: „Die Biobank-Plattform ist aktuell in der Konzeptphase und wurde bereits zwischen GBN, NUM, dem Medizinischen Fakultätentag, Industrievertreter:innen und dem Ministerium diskutiert. Zum ersten Mal wird dieses Konzept auf dem Symposium vorgestellt und weitergedacht.“
GBN-Aktivitäten im Fokus
In der Auftaktsession präsentierten PD Dr. Sara Nußbeck (Zentrale Biobank UMG, Göttingen), Vorstandssprecherin des GBN, und Sven Heiling (Integrierte Biobank Jena) Aktivitäten des Netzwerks in den Bereichen Fortbildung und Qualitätssicherung.
Dr. Romy Kirsten (Integrierte Biobank Mannheim) stellte das im GBN entwickelte Kalkulationstool vor, das erstmals transparente und einheitliche Rahmenbedingungen für Biobankleistungen schafft. „Damit können Biobankleistungen künftig nachvollziehbar kalkuliert und in Drittmittelanträgen abgebildet werden – ein wichtiger Schritt hin zu langfristiger Sichtbarkeit und Stabilität“, erklärte sie.
Auch die enge Verzahnung von Biobanking und klinischer Routine wurde thematisiert: Dr. Alexander Brobeil (BioMaterialBank Heidelberg) zeigte, wie Gewebebiobanking von der Kooperation mit der Pathologie profitiert.
GBN-Vertreter:innen in weiteren Sessions
Mehrere Mitglieder des Netzwerks prägten die weiteren Sessions mit ihren Beiträgen:
- Dr. Bettina Lorenz-Depiereux (Helmholtz Zentrum München) beleuchtete ethische und rechtliche Herausforderungen im Umgang mit genetischen Daten im Rahmen des europäischen Projekts Genome of Europe.
- Dr. Martina Oberländer (Interdisziplinäres Centrum für Biobanking Lübeck) stellte Patient:innenperspektiven auf den Broad Consent im Forschungsverbund OUTLIVE-CRC vor und hob die Bedeutung von Transparenz und Vertrauen hervor.
- Christoph Döllinger (BioMaterialBank Heidelberg) erläuterte, wie KI-gestützte semantische Suche die Auswahl von Bioproben aus unstrukturierten Pathologiebefunden erleichtert, während Andreas Bartussek (Zentrale Biobank UMG, Göttingen) digitale Erweiterungen von Probenzertifikaten präsentierte, die Transparenz und Rückverfolgbarkeit verbessern.
- Patrick Skowronek (DKFZ Heidelberg) gab einen Ausblick auf den European Health Data Space (EHDS) und die Rolle von Biobanken in der Nutzung harmonisierter Gesundheitsdaten.
- Dr. Alexandra Stege (Zentrale Biobank Charité – Universitätsmedizin Berlin) berichtete von einem erfolgreich absolvierten Audit durch einen pharmazeutischen Partner und zeigte, wie ein konsequent umgesetztes Qualitätsmanagement das Vertrauen der Industrie stärkt.
- Dr. Gabriele Anton (Biobank OWL, Bielefeld) hob die zentrale Rolle des klinisch und klinisch-epidemiologischen Biobankings im NUM hervor als interoperable, skalierbare Struktur.
Vernetzung und politische Diskussion
Besonders lebhaft diskutiert wurde im Panel der fünften Session, das die geplante „Biobank-Plattform für Deutschland“ in den Mittelpunkt stellte. Dr. Gabriele Anton, Sven Heiling, PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf, Dr. Bettina Lorenz-Depiereux, Dr. Stefanie Märschenz, PD Dr. Sara Nußbeck, Sebastian Claudius Semler, Dr. Pablo Serrano und Dr. Frank Wissing debattierten über künftige Strukturen, Standardisierung und den Dialog zwischen den Akteur:innen.
Dr. Pablo Serrano (Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie), der das Konzept für die Plattform in einem einleitenden Vortrag vorgestellt hatte, unterstrich: „Eine nationale Biobank-Plattform muss als One-Stop-Shop funktionieren, mit klaren Qualitätsstandards, schneller Probenverfügbarkeit und transparenter Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie.“
Blick über den Tellerrand: One Health und europäische Perspektiven
Als Evening Lecture hielt Prof. Dr. Thomas Bernd Hildebrandt (Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung) einen inspirierenden Vortrag zur Wildtierforschung und zu Biobanken für bedrohte Tierarten und ermöglichte damit einen eindrucksvollen Blick über den Tellerrand des Humanbiobankings.
Auch Joséphine Uldry von der Swiss Biobanking Platform betonte die Bedeutung des „One-Health“-Ansatzes: „Biobanken können als Brücke zwischen Human-, Tier- und Umweltforschung dienen, damit interdisziplinäre Forschung ermöglichen und einen echten Mehrwert für Gesundheit und Nachhaltigkeit schaffen.“
Posterpreise
Zum Abschluss wurden die besten Posterbeiträge ausgezeichnet. Unter den Preisträger:innen war auch Nhutuyen Nguyen, GBN-Koordinatorin für Qualitätsmanagement, die einen Preis für ihr Poster zum Thema „A collaborative initiative towards a quality handbook for biobanks“ erhielt. Gemeinsam mit weiteren „National Nodes“ des europäischen Biobankennetzwerks BBMRI-ERIC arbeitet das GBN an einem harmonisierten Qualitätsmanual für Biobanken.
Weitere Informationen und Links:
